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Kontext
Ganz nüchtern betrachtet, ist eine Grenze zunächst einmal nicht mehr als eine wirkliche oder gedankliche Linie, die zwei Dinge voneinander trennt.
Konrad Paul Liessmann im Interview mit "brand eins", Ausgabe 03/2003
Mehr als ein Drittel der EU-Bürger lebt und arbeitet in Grenzregionen. Diese sind sehr vielfältig. Es gibt wirtschaftsstarke, urban geprägte, aber auch strukturschwache ländliche Regionen und es gibt Gegenden, die sich über einen gemeinsamen grenzüberschreitenden Naturraum identifizieren. Entsprechend unterschiedlich sind - gemessen an den jeweiligen regionalen Bedarfen - auch die Felder und Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
Die trinationale Euroregion Oberrhein erstreckt sich von Basel bis nach Karlsruhe. Eingebettet zwischen Jura, Vogesen, Schwarzwald und Pfälzer Wald ist es ein natürlich abgegrenzter, einheitlicher Kultur- und Lebensraum, der heute mit sechs Millionen Einwohnern, einer Wirtschaftskraft von 175 Mrd. EUR und einer Fläche von rund 21.000 Quadratkilometern ein Potenzial aufweist, das mit dem ganzer EU-Mitgliedsstaaten vergleichbar ist.
Die Metropole Straßburg liegt im Herzen der Region Oberrhein. Für viele Einwohner der Stadt ist das tägliche Überqueren der Grenze bereits Realität. Ziel der französisch-deutschen Zusammenarbeit ist es daher, die Verwaltungs- und Verkehrsinfrastruktur zu verbessern, um so gut wie möglich auf Bedürfnisse und Hindernisse zu reagieren und ein Pilotgebiet für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa zu werden.
Ein wichtiger Baustein ist in diesem Zusammenhang die Transformation der Verkehrsinfrastruktur zugunsten einer nachhaltigeren, emissionsarmen gemeinsamen Mobilität. Das Straßenbahnnetz verbindet Straßburg und Kehl bereits direkt miteinander und ist insgesamt gut entwickelt. Ein weiteres Ziel ist der Ausbau des „Metropolitan Express Network“, das ähnlich der deutschen S-Bahn das Umland beiderseits des Rheins mit dem Stadtzentrum von Straßburg und Kehl vernetzen und die Effizienz des ÖPNVs steigern soll, um den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren.
Aufgabenstellung
In der Eurometropole Straßburg-Kehl gibt es mehrere Bähnhöfe, die derzeit schlecht erschlossen, wenig sichtbar und nicht gut zu erreichen sind. An diesen zukünftigen Entwicklungsschwerpunkten setzt die Aufgabenstellung an. In Kooperation mit den Kollegen der ENSA Strasbourg wurden vier Standorte auf französischer und deutscher Seite ausgewählt: Krimmeri, Kehl, Roethig und Graffenstaden. Für sie sind Konzepte zu erarbeiten, in denen die Haltestellen zu vielfältigen und attraktiven Polen der jeweiligen Quartiere werden und neben der Funktion als Mobilitätsknoten auch andere Nutzungen übernehmen.
Da die Metropole Straßburg-Kehl ein wachsender Ballungsraum ist, bieten die Bahnhöfe Potenzial zur Entwicklung von neuen Wohn-, Arbeits-, Ausbildungs- und Freizeitangeboten. Sie und ihr Umfeld sollen gezielt baulich und freiraumplanerisch aufgewertet werden. Dabei sind bestehende Fuß- und Radwegeverbindungen zu betrachten und gegebenenfalls neu auszubilden. Außerdem spielt die Qualität des öffentlichen Raums eine wichtige Rolle.
Parallel zur "Mikroebene" des einzelnen Bahnhofes soll auch die "Makroebene" der Region und des Bahnnetzes betrachtet werden, um die Rolle des einzelnen Knotens in Bezug auf die gesamstädtische Identität und die soziale, kulturelle, wirtschaftliche, aber auch touristische Bedeutung zu definieren.
Arbeitsschritte
Der Einstieg in das Projekt erfolgt im Rahmen eines fünftägigen Workshops vor Ort. Es werden Teams von Studierenden aller teilnehmenden Universitäten gebildet, die nach einer Einführungsveranstaltung und Besichtigung der relevanten Areale erste Szenarien und Konzepte entwickeln und diese bei einer Zwischenpräsentation und der abschließenden öffentlichen Veranstaltung zur Diskussion stellen.
Wieder in Dresden, werden die entstandenen Konzepte diskutiert und evaluiert. Dabei steht es jedem Studierenden frei, das Konzept weiterzubearbeiten, welches sein Team im Workshop verfasst hat oder aber auch die Idee einer anderen Gruppe weiterzuverfolgen. Auch die Standorte sind frei wählbar oder/und in Beziehung zueinander zu setzen.
In Zweierteams werden die Standorte und die angrenzenden Quartiere intensiv in Bezug auf ihre geschichtliche Entwicklung, Struktur, Nutzung, Freiraum, Gebäudetypologie und Verkehr analysiert und assoziativ interpretiert. Im Anschluss sollen Szenarien für die Entwicklung der Bahnhöfe und ihres Umfeldes oder/und für das gesamte Netzwerk erarbeitet werden. Diese werden über die Untersuchung von räumlich-strukturellen Varianten zu tragfähigen städtebaulichen und freiraumplanerischen Konzepten weiterentwickelt. Nach der Diskussion der Konzepte werden Rahmenpläne erarbeitet, die eine prozesshafte Umsetzung und auch Anpassung erlauben. Unterschiedliche Teilbereiche werden vertieft und jeweils räumlich und funktional in einem größeren Maßstab bis in die Gebäudeebene (Typologie, Nutzungen, Erschließung, angrenzende Freiflächen) entwickelt.
Die Zwischenpräsentationen erlauben den kritischen Vergleich der Arbeiten untereinander, indem jeweils die konzeptionelle Entwicklung und der aktuelle Bearbeitungsstand dargestellt werden. Gastkritiker helfen, die Projekte weiterzuentwickeln und zu schärfen.
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