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Hintergrund
Die Stadt Weißwasser, eingebettet in die Lausitzer Region im Bundesland Sachsen, ist geprägt durch einen starken Strukturwandel. Dieser zieht sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche. Wohnten 1990 noch über 38.000 Einwohner in Weißwasser, so sind es in 2020 nur noch knapp 16.000.
Kohle- und Glasindustrie waren mehr als ein Jahrhundert die traditionellen Arbeitgeber. Der gesellschaftliche und zugleich wirtschaftliche Strukturwandel erfolgte sukzessiv, in jüngerer Zeit vor allem im Zuge der deutschen Einheit sowie durch den gesellschaftlich gewünschten und ökologisch notwendigen Kohleausstieg. Der Kohleausstieg ist ein wichtiger Meilenstein in der Energiewende der Bundesrepublik Deutschland, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Die Kohlereviere in der Lausitz werden in den Jahren 2028 bis 2038 geschlossen. Mit dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Strukturstärkungsgesetz erhalten die Kohleregionen erhebliche Finanzhilfen zur Förderung von bedeutsamen Investitionsmaßnahmen für mehr Wachstum und Beschäftigung in der Region.
Die Lausitz und somit auch die Stadt Weißwasser stehen vor gravierenden strukturellen Veränderungen, die zugleich die Chance zur Erneuerung bieten. Daher sind zukunftsorientierte Ideen und innovative Konzepte gefragt, die die Potentiale eruieren und aufgreifen, um hieraus Perspektiven für die Menschen in Weißwasser und der Region zu schaffen und zu entfalten.
Studentischer Wettbewerb
Der studentische Wettbewerb für das Modellquartier Weißwasser wird als ein Gemeinschaftsprojekt zweier Lehrstühle durchgeführt: „Städtebau“ von Frau Prof. Mensing-de Jong und „Entwerfen und Konstruieren II“ von Herrn Prof. Vaerst, im Sinne einer vernetzten übergreifenden Zusammenarbeit. Der Wettbewerb soll Bezug nehmen auf den Strukturwandel in Weißwasser und hierbei zukunftsorientierte innovative Lebens- und Arbeitswelten im Sinne eines Modellquartiers oder auch Reallabors entwickeln.
Vorbereitet und durchgeführt wird der Wettbewerb gemeinsam mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), einem zukünftigen Nutzer des Areals, dem Ministerium für Regionalentwicklung des Freistaates Sachsen, der Stadt Weißwasser und der Architektenkammer Sachsen.
Die besten Ergebnisse des Wettbewerbs in den Sparten Städtebau und Hochbau sollen in einer Wanderausstellung an unterschiedlichen Orten gezeigt werden und im Sommer 2021 Herrn Bundesminister Altmaier und Herrn Ministerpräsident Kretschmer vorgestellt werden.
Fachsparte Städtebau
Das Wettbewerbsgebiet befindet sich in innerstädtischer Lage nördlich der Bahnstrecke Berlin-Görlitz und in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs und des Stadtzentrums von Weißwasser. Im Norden und Westen grenzen vorrangig Wohngebiete an und im Osten Wohn- und Geschäftsbereiche. Am nördlichen Rand des Areals befindet sich die Station der Waldeisenbahn Muskau, die zum Unesco-Welterbe „Fürst-Pückler-Park“ führt.
Das Wettbewerbsgebiet soll mit dem Ziel entwickelt werden, innovativen, zukunftsorientierten Lebens- und Arbeitswelten eine Heimat zu geben, um modellhaft für den Strukturwandel der Region stehen zu können. Daher kommt den Aspekten Funktionsmischung, Mobilität, neue Wohnformen, Qualität der Freiflächen und Begegnungsräume neben Energieeffizienz, Ökologie und Nachhaltigkeit eine besonderes Bedeutung zu. Sie sollen in die Konzeptentwicklung und in den räumlich-strukturellen Entwurfsprozess eingebunden werden.
Das Modellquartier soll in zwei Funktionsbereiche gegliedert werden:
(1) dem zukünftigen BAFA-Campus als Quartiersanker mit weiteren möglichen Wirtschaftsakteuren, wie Forschungs- und Kompetenzzentren für Erneuerbare Energien, auf dem früheren Gelände der Gelsdorfhütte, und
(2) einer Wohnbebauung mit unterschiedlichen Wohntypologien, wie Einfamilienhausbebauung, Mehrgenerationenhäuser oder Geschosswohnungsbau, aber auch Formen der Nutzungsmischung und urbanen Produktion.
Arbeitsschritte
In der ersten Phase setzen wir uns mit Projekten in Regionen auseinander, die einen Strukturwandel zu bewältigen hatten, - wie z. B. das Ruhrgebiet im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park - und überprüfen deren Übertragbarkeit auf die Oberlausitz. Parallel werden die Region, die Stadt Weißwasser und das Planungsareal intensiv in Bezug auf die geschichtliche Entwicklung, Struktur, Nutzung, Freiraum, Gebäudetypologie und Verkehr analysiert.
Auf Grundlage der intensiven Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen und räumlichem Kontext soll eine Gesamtidee für die Stadt und das das Wettbewerbsgebiet formuliert und diese dann über die Untersuchung von räumlich-strukturellen Varianten zu einem tragfähigen städtebaulichen und freiraumplanerischen Konzept weiterentwickelt werden.
Nach der Diskussion des Konzepts wird ein Rahmenplan erarbeitet, der eine prozesshafte Umsetzung und auch Anpassung erlaubt. Unterschiedliche Teilbereiche werden vertieft und jeweils räumlich und funktional in einem größeren Maßstab bis in die Gebäudeebene (Typologie, Nutzungen, Erschließung, angrenzende Freiflächen) entwickelt.
Die Zwischenpräsentationen erlauben den kritischen Vergleich der Arbeiten untereinander, indem jeweils die konzeptionelle Entwicklung und der aktuelle Bearbeitungsstand dargestellt werden. Die Diskussion mit Gastkritikern (Vertretern des BAFA, des Freistaates und der Stadt und Kollegen andere Disziplinen) helfen, die Projekte weiterzuentwickeln und zu schärfen.
Das Projekt wird vorzugsweise in Zweierteams bearbeitet.
Die Ausgabe der ausführlichen Aufgabenstellung für den Wettbewerb erfolgt am 5. Oktober 2020.
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