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Was geschieht, wenn ein Preisgericht über Wettbewerbsentwürfe urteilt? Die Handlungssituation eines Preisgerichtes bei Architektenwettbewerben ist wegen des nichtöffentlichen Verfahrens für die Forschung eine fast unzugängliche „black box“. Dennoch besteht sowohl in der Fachwelt als auch in der Öffentlichkeit ein Konsens darüber, dass ein Preisgericht ein „objektives“ Auswahlverfahren sei, bei dem „Qualität“ ermittelt werde.
Das Seminar setzt sich mit Hilfe eines phänomenologisch-hermeneutischen Untersuchungsansatzes mit dem Handlungsgeschehen innerhalb von Preisgerichten auseinander. Die Datengrundlage für das Seminar liefert eine Forschungsarbeit mit einer teilnehmenden Beobachtung mehrerer Preisgerichte. Im Seminar wird nach der Methode der Grounded Theory das empirische Material untersucht und schrittweise eine Theorie entwickelt. Dabei wird auch auf das Erfahrungswissen der Seminarteilnehmer zu ihren eigenen Entwurfsbewertungen im Studium Bezug genommen, mit dem sich Prinzipien verdeutlichen lassen, die die Wirklichkeit von Preisgerichtsverfahren charakterisieren.
Orientierung erhält die Untersuchung mit den Hinsichten der Hermeneutik und der philosophischen Anthropologie. Es wird deutlich werden, dass sich im Geschehen eines Preisgerichtes etwas ganz anderes vollzieht, als die „objektive“ Bewertung, von der die Wettbewerbsrichtlinie ausgeht.
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Im Seminar verwendete Literatur:
Hans Belting: Der Ort der Bilder II. Ein anthropologischer Versuch, in: ebd. (2001): Bild-Anthropologie. Fink, 3. Auflage, München 2006.
Umberto Eco: Die Welt des Sinnes, in: ebd. (1972): Einführung in die Semiotik. Autorisierte deutsche Ausgabe von Jürgen Trabant. Fink, 9., unveränderte Auflage, Paderborn 2002.
Hans-Georg Gadamer: Die Ontologie des Kunstwerks und ihre hermeneutische Bedeutung, in: ebd.: (1960): Hermeneutik I. Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Mohr Siebeck, 7. Auflage, Tübingen 2010.
Hans-Georg Gadamer: Vom Zirkel des Verstehens, in: ebd.: (1960): Hermeneutik II. Wahrheit und Methode. Ergänzungen. Register. Mohr Siebeck, 2. Auflage, Tübingen 1993.
Sabine Müller-Mall: Zwischen Fall und Urteil. Zur Verortung des Rechtsgefühls, in: Thomas Hilgers, Gertrud Koch, Christoph Möller, Sabine Müller-Mall (Hrsg.): Affekt und Urteil. Fink, Paderborn 2015.
Martin Seel: Eine topografische Skizze, in: ebd.: Die Macht des Erscheinens. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2007.
Lambert Wiesing: Formale Ästhetik und Reduktion, in: ebd: Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik. Neuauflage. Campus, Frankfurt a. M., New York 2008.
René Girard: Die Einheit von Ethik und Ästhetik im Ritual, in: Christoph Wulf, Dietmar Kamper, Hans Ulrich Gumbrecht (Hrsg.): Ethik der Ästhetik. Akademie, Berlin 1994.
Hahn, Achim: Das Entwerfen als wissenschaftliches Handeln der besonderen Art, in: ders. (Hrsg.): Ausdruck und Gebrauch. Wissenschaftliche Hefte für Architektur Wohnen Umwelt, 5. Heft. Shaker, Aachen 2005.
Marcus van Reimersdahl: Aspekte der psychologischen Handlungstheorie, in: ders.: Die Ästhetik der Autopoiesis. Architekturbewertung in Wettbewerben, Springer, Wiesbaden 2018, noch nicht veröffentlicht.
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